Als Schätze in der Obstkiste kamen die - gezählt, nicht geschätzt - 2.000 Stereoaufnahmen (schwarzweiße Glasdias und Glasnegative) im Format 45 x 107 mm ins Deutsche Kamera-Museum nach Plech. Hoch interessante, oftmals auch künstlerisch wertvolle Bilddokumente aus den ersten drei Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts: Städteansichten, bekannte Bauwerke, Schlösser, Landschaften, Menschen, Flugzeuge, ein Zeppelin... - eine Fundgrube nicht nur für Fotohistoriker.
Zeitdokumente von höchstem Interesse und in bester Qualität
Solche Angebote bekommt man höchstens einmal in zehn oder 20 Jahren: Man habe da aus Familienbesitz um die 2.000 – in Worten: zweitausend – alte Glasdias und Stereofotos aller möglichen Formate und eine alte Stereokamera und einen Betrachter – und niemand in der Familie möchte das haben.
Und man habe in der Zeitung von der geplanten Eröffnung eines Kameramuseums gelesen.
Ganz umsonst waren die “Sachen, die keiner haben wollte”, dann doch nicht zu bekommen. Aber Museumsgründer Kurt Tauber musste – ein Förderverein war noch nicht in Sicht – letztlich doch nicht allzu tief in seine Privatschatulle greifen, um sich die in einer Obstkiste verpackten Pretiosen zu sichern. Nach vielen Telefonaten und einigen hin- und her geschickten Vertragsentwürfen konnte er die Sachen bei einem Cabrioausflug nach Weitramsdorf in Oberfranken abholen.
Und diese 300-Kilometer-Tour hatte sich gelohnt, wie Tauber zuhause in Pegnitz umgehend feststellte.
So eine Kamera besaß er noch nicht in seiner Sammlung und von den Glasdias war eines schöner als das andere. Zumal der Autor dieser Aufnahmen das Fotografieren virtuos beherrschte, wie Tauber schnell erkannte.
Zur Person des Fotografen konnte er nur in Erfahrung bringen, dass er Adolf Geiger hieß, beim Telegrafenamt beschäftigt war und in Stuttgart lebte. Einer seiner Freunde war Berufsfotograf, so hatte er professionelle Hilfe beim Entwickeln der Dias oder Negative und Kopieren der Fotografien.
In seiner Freizeit war Geiger ein leidenschaftlicher Wanderer, was an vielen der Fotomotive aus unschwer abzulesen ist. Über mehrere Jahre durchwanderte er beispielsweise in längeren Etappen ganz Italien. Er begann oben im Norden und marschierte jeweils zwei Wochen lang Richtung Süden – solange die Kraft und der Urlaub reichten.
Wenn seine Ferientage vorbei waren, stieg er in den Zug am nächstbesten Bahnhof und fuhr zurück nach Stuttgart. Im nächsten Urlaub reiste er mit der Eisenbahn zurück zu dem Punkt, an dem er die Tour unterbrochen hatte, und wanderte weiter gen Süden. Dies wiederholte er so oft, bis er endlich an der Stiefelspitze angekommen war. Dabei entstand eine Menge eindrucksvoller Fotografien.
Alle Aufnahmen sind bereits digitalisiert und in Listen erfasst
Die Dias wurden ab 2011 nach und nach von unserem langjährigen Museumsmitarbeiter Johannes Engelmann – unser Bild – alle digitalisiert, der die Kisten und Schachteln mit heim nach Erftstadt bei Köln nahm und in monatelanger Arbeit sämtliche Motive – auch welche von anderer Herkunft – scannte, wobei er mehrere dieser nicht gerade billigen Geräte verschliss. Die Bilder füllen jetzt mehrere DVDs.
Zum Veröffentlichen fehlte bislang noch die Zeit. Vielleicht ergibt es sich einmal, dass man die schönsten Aufnahmen in einer Fotoausstellung im Museum präsentiert. Denn auch die “halben” Stereo-Dias ergeben sehr ansprechende Fotos.
Damit nicht genug: Engelmann nahm sich später auch noch alle anderen vorhandenen Glasnegative und -Dias aus dem Museumsbeständen vor.