Noble / Kamerawerk Dresden

Bild: Christoph Gather

Das Kamerawerk Dresden (seit 1998, vorher: Kamera Werkstätten Charles A. Noble, Niedersedlitz bei Dresden) hat eine wechselvolle Geschichte. Charles A. Noble, ein deutschstämmiger US-Amerikaner, erwarb 1938 die Kamerawerke Guthe & Thorsch in Niedersedlitz bei Dresden in Form eines Tauschs. Noble hatte in Detroit ebenfalls ein großes Foto-Unternehmen aufgebaut und ermöglichte auf diese Weise dem halbjüdischen Firmeninhaber Benno Thorsch die Flucht vor den Nationalsozialisten. Noble zog mit Ehefrau und dem 15-jährigen Sohn John nach Dresden und nannte das Unternehmen fortan Kamera Werkstätten Charles A. Noble.

Guthe & Thorsch hatte zu dieser Zeit bereits die Praktiflex (siehe Bild) entwickelt, Noble brachte diese innovative Kamera, die Vorgängerin der Praktica, 1939 zur Serienreife. Die Nobles wohnte am Rand von Dresden relativ nobel in der Villa San Remo. Die Nazis ließen die Firma als ausländisches Unternehmen auch in Kriegszeiten noch Kameras produzieren, als andere Kamerahersteller Rüstungsgüter herstellen mussten. Beim Bombenangriff und Feuersturm am Ende des zweiten Weltkrieges blieb die Villa San Remo verschont, die gesamte Familie überlebte.

1945 ließ Stalin Charles Noble und seinen 22-jährigen Sohn John festnehmen und ohne juristisches Verfahren internieren, über Jahre auch im ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald. Vater und Sohn wurden getrennt, Charles Noble wurde erst 1952 mit 62 Jahren als gebrochener Mann aus der Haft entlassen. Der Aufenthalt des Sohnes blieb bis 1955 unbekannt. John Noble war mehrere Jahre im nördlichsten sibirischen Gulag in Workuta inhaftiert und kam nur durch heimliches Herausschmuggeln eines geschickt verschlüsselten Briefs nach zehn Jahren frei. Durch den Brief an Verwandte wurde sein Aufenthaltsort bekannt, und der amerikanische Präsident intervenierte. Da den Nobles im Osten nie der Prozess gemacht worden ist, wurde in der DDR-Presse nach der Entlassung Nobles vorsorglich verbreitet, die Nobles seien Spione gewesen, die die Bombenangriffe auf Dresden von der Villa San Remo aus gesteuert hätten.

Nach dem Mauerfall prozessierte John Noble gegen die Treuhand und erhielt die inzwischen heruntergekommenen Gebäude des Kamerawerks und die Villa San Remo zurück. Er wollte auch die Rechte an der Marke Praktica erstreiten, unterlag aber. Noble baute dennoch in Dresden wieder ein Kameraunternehmen auf, das sich auf Panoramakameras unter der Bezeichnung Noblex spezialisierte. John Noble starb 2007.

Siehe auch: Kamerawerk Dresden.