Diese erste Modellvariante der Praktiflex der Kamerawerke Niedersedlitz bei Dresden (K. W.) hat gleich drei Besonderheiten. Sie war (laut Hummel) 1939 die erste Kleinbildspiegelreflexkamera mit Rückkehrspiegel. Außerdem war sie die weltweit zweite in Serie gebaute Kleinbildspiegelreflexkamera nach der Kine Exakta. Schließlich war sie konstruktiv die „Mutter“ der Praktica, einer der weltweit am häufigsten und längsten gebauten Serie von Spiegelreflexkameras.
Die hier vorgestellte Kamera ist ein relativ spätes Modell aus dem Jahr 1948, also noch aus Zeiten der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ). Typisch für diese Kamera ist die äußerst dünne Verchromung, die bei fast allen noch existierenden Kameras entsprechende Abnutzungsspuren erkennen lässt. Das Museum besitzt allerdings auch eine sehr seltene, frühe Praktiflex, die äußerlich noch makellos ist. Möglicherweise war das auf dieser Seite beschriebene Modell dem Objektiv nach zu urteilen ein Reparations-Modell für die UdSSR.
Es sind Kameras bis zur Seriennummer 36000 bekannt, diese Kamera hat die Seriennummer 33949. Die Kamera hat ein M-40-Schraubgewinde für das Objektiv. Die letzten produzierten Kameras waren bereits mit M-42-Gewinde ausgestattet, das jahrzehntelang ein Standard wurde.
Die Praktiflex hat einen horizontalen Tuchschlitzverschluss mit Belichtungszeiten von 1/25 bis 1/500 Sekunde und B. Montiert ist hier ein Standardobjektiv mit 50 mm Brennweite und einer größten Blendenöffnung von 1:2,9. Es ist ein Anastigmat Victar in verchromter Messingfassung mit drei Linsen in drei Gruppen (Triplet), das von dem Optischen Werk Ernst Ludwig in Weixdorf bei Dresden gefertigt worden ist.
Ein Rückschwingspiegel gibt unmittelbar nach dem Auslösen den Blick wieder frei zur Vorbereitung der nächsten Fotografie. Vor Erscheinen der Praktiflex gab es diese Technik bei Kleinbildkameras nicht, es blieb im Sucher dunkel. Bei der Praktiflex war der Spiegel mechanisch unmittelbar an den Auslöseknopf gekoppelt, er „gehorchte“ also dem auslösenden Finger. Das hatte bei langen Belichtungszeiten aber auch Nachteile, da nach dem Auslösen oft versehentlich der Finger zu früh wieder vom Auslöser genommen wurde. Der Spiegel schwang dann zu früh in den Lichtschacht zurück und verdarb das Foto. Das Folgemodell Praktiflex II hatte deshalb keinen Rückschwingspiegel mehr. Eine technisch zufriedenstellende Lösung gelang erstmals 1954 bei der japanischen Asahiflex.