Ur-Leica von Oskar Barnack (1914) – Offizielles Replikat

ur leica kopie (3)
Bild: Kurt Tauber

Eine der raren Kopien der Barnack’schen „Ur-Leica“ von 1914. So also sah sie aus: Die erste funktionstüchtige Fotokamera für den konfektionierten 35-mm-Kinofilm, die 1914, unmittelbar vor dem Beginn des Ersten Weltkriegs, von Oskar Barnack fertiggestellt wurde. Der Leitz-Angestellte bastelte in seiner Freizeit an einer Idee, die ab Mitte der 1920er-Jahre die Welt der Fotografie revolutionieren sollte. Barnack (1879-1936) selbst nannte seine Erfindung zunächst „Liliputkamera“. Er nutzte diesen Apparat auch beruflich, um bei den allfälligen Belichtungsproben vor Filmaufnahmen nicht so viel Film vergeuden zu müssen. Mit der neuen handlichen Kamera ging das viel schneller und billiger. Wir sprechen heute von der „Ur-Leica“. Sie wurde aus verschiedenen Anlässen offiziell originalgetreu nachgebaut, mal als nicht funktionierender Dummy (Bild), mal womöglich als funktionsfähige Kopie, die natürlich deutlich höher gehandelt wird. Die Leitz-Artikelnummer beim Verkauf war wohl 940231. Jedenfalls steht diese Nummer auf diversen Schachteln bei einschlägigen Auktionen.

Filmtransportknopf macht Geräusche

Dies hier ist eine offizielle „Nachbildung“ der Firma Leitz, angefertigt Ende der 1960er/Anfang der 1970er Jahre. Fotografieren kann man damit zwar nicht, aber man kann das Tubus-Objektiv aus dem Body herausziehen (im Bild), die Blende („5 – 7 -10“) und die Entfernung einstellen. Das Zählwerk (im Bild die helle Scheibe links vom Objektiv mit den Ziffern 10 bis 50 in Zehnerschritten) funktioniert zwar nicht, aber immerhin kann man den Filmtransportknopf (oben links) mit dem typischen Geräusch präzise arbeitender Zahnräder mehrfach bedienen. Dann greift die „Doppelbelichtungssperre“ und man kann den hell glänzenden, pilzförmigen Auslöser im Transportknopf bestätigen. Und prompt ertönt das berühmte Leica-Geräusch eines ablaufenden Tuchverschlusses.

Ein Verschlussrollo fehlt

Museumsleiter Kurt Tauber, der stundenlang im Internet nach weiteren Infos suchte, fand nirgends einen Hinweis, ob das Geräusch sozusagen „gefaked“ ist oder von einem echten Schlitzverschluss stammt. Kurz entschlossen griff er zum Schraubenzieher und löste vorsichtig die vier Schrauben, mit denen die Objektivplatte am Body befestigt ist. Und siehe da: Es ist – wie übrigens beim Original – kein kompletter Verschluss eingebaut, wie wir ihn heute kennen, aber immerhin ein „halber“: Den zweiten Verschlussvorhang hatte schon Barnack eingespart, weshalb damals beim Filmtransport und Verschlussaufzug noch das Objektiv mit einem Deckelchen verschlossen werden musste, damit kein Licht auf den Film fällt.

Was wissen wir noch über die Ur-Leica?

Konstruiert wurde die „Barnack’sche Ur-Leica“ 1913/1914, als ihr Geburtsjahr gilt offiziell 1914. Wahrscheinlich existieren nur zwei Exemplare – eines davon wird von Leitz selbst aufbewahrt, das andere soll über das Deutsche Museum in München nach dem Krieg bei einer Auktion in privater Hand gelandet sein. Es gibt auch immer wieder Gerüchte über ein drittes Exemplar.

Zwei Belichtungszeiten möglich

Die Ablaufgeschwindigkeit des Verschlusses und damit die Belichtungszeit wurden durch die Federspannung bestimmt, die mittels des Drehknopfes neben dem Zubehörschuh eingestellt werden konnte. Wahrscheinlich gab es zwei Belichtungszeiten: etwa 1/25 und 1/40 Sekunde. Der Drehknopf in der Kopie ist ohne Funktion und dreht beim Betätigen leer durch. Zum Einlegen des Films ließ sich der Kameraboden, der durch eine große Schraube befestigt war, abnehmen. Auch bei der Nachbildung ließ sich mit sanfter Gewalt diese Schraube ebenfalls bewegen, so dass der Boden abgenommen werden konnte und den Blick ins Innere der Kamera freigab. Links und rechts sind am Body Befestigungsknöpfe für einen Trageriemen angebracht, die bei den ersten Serienmodellen fehlten und erst etwas abgeändert ab der Leica III wieder vorhanden waren.

Für Serienfertigung vorgesehen

Auf der Rückseite des Gehäuses war das heute weltberühmte Firmenlogo von Leitz in Form einer Kondensorlinse angebracht, das ab 1911 als Warenzeichen eingetragen war. Auch wenn Oskar Barnack zunächst nur beabsichtigte, ein Gerät für Versuche mit Kinofilm zu schaffen, so ist doch anzunehmen, dass die Firma Leitz von Anfang an Serienfertigung in Betracht zog, denn im Mai 1914 wurde ein Patentantrag für einige der wichtigsten mechanischen Komponenten dieser Kamera eingereicht.

  • Die Suche nach verlässlichen Informationen über die Nachbildungen der Ur-Leica – etwa zu den Baujahren – geht weiter

 

Alle Fotos und Videos sind urheberrechtlich geschützt.  – Letzte Bearbeitung: 19.01.2024

Objektdaten

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ID Sammlung Kurt Tauber
101050
Fotoapparate analog Kategorie/Typ
Kleinbildkamera, Dummy (Schaustück)
Firma / Produktion
Land / Produktion
Western Germany
Originalität
Sonderedition, Kopie / Nachbau
Fotografischer Film / Konfektion (Foto)
Siehe Beschreibung
Negativformat fotografischer Film
24 x 36 mm
Filmtransport
manuell
Entfernungsmesser
Nein
Belichtungsmesser
nein
Belichtungssteuerung
manuell
Objektiv-Anschluss
Objektiv fest eingebaut
Kleinste Blende
10
Fokussierung
manuell
Bildstabilisator Kamera
Nein
Verschlusstyp
Schlitzverschluss
Verschluss längste Zeit
1/25 s
Verschluss kürzeste Zeit
1/40 s
Blitz
kein Blitzanschluss
Datenrückwand
Nein
Entstehungszeitraum Dekade
1960-1970
Produktionsstückzahl
einige Hundert dieser offiziellen Nachbauten
Gehäusematerial
Metall (Alu, Messing, Guss usw.)
Abmessungen (ca. in cm)
13,5 x 6 x 3,5 (über alles, Objektiv eingeschoben)
Gewicht (g)
363
Museumsobjekt Seriennummer
ohne
Museumsobjekt Zugangsdatum Jahr
2024
Spender
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