Erwartet haben wir vom Deutschen Kameramuseum an einem Wochenende im Januar 2020 so um die 30 bis 50 seltene DDR-Diaprojektoren aus Magdeburg als Großspende für das Museum in Plech. Das Ehepaar Engelhardt-Schäfer beglückte uns dann aber mit einer Mega-Spende: ein Sprinter mit Hochdach, von vorn bis hinten beladen mit Kartons und Originalkoffern mit Diaprojektoren und anderen Photographica - schätzungsweise 200 Projektoren und mindestens genauso viel Film- und Fotokameras, überwiegend aus DDR-Herstellung und Dresdner oder Jenaer Vorkriegsproduktion.
Zwei Tonnen DDR-Diaprojektoren und -Kameras "frei Haus"
Die Neuzugänge, die die Bestände aus DDR-Produktion auffüllten, stammen aus der riesigen Sammlung von Bernd Alfred Engelhardt aus Stapelburg. Er wurde 1951 in Beichlingen (Thüringen) geboren und zog mit seinen Eltern im Kindesalter nach Stapelburg (zwischen Goslar und Magdeburg) ins heutige Sachsen-Anhalt, wo er bis zu seinem Tode lebte. Hier besuchte er die Polytechnische Oberschule und erlernte danach den Beruf eines Malers. 1970 heiratete er eine Kindergärtnerin aus Stapelburg und bekam mit ihr zwei Töchter, geboren 1969 und 1973, Ivonne und Anja.
Restaurieren und Archivieren
Kurz danach begann er die ersten Kameras zu sammeln. Es waren zunächst Exas aus der DDR. Regale wurden gebaut und im Keller entstand eine Dunkelkammer. Vorrangig sammelte er in dieser Zeit Fotoapparate, restaurierte und archivierte sie. Mit einer tschechischen Schmalfilmkamera begann er in den 1980er Jahren seine Urlaubserlebnisse mit der Familie zu filmen.
Auszeichnungen für selbstgedrehten Trickfilm
1986 nahm er an einem Amateurfilmwettbewerb in Magdeburg mit einem selbstgedrehten Trickfilm teil sowie einem Film über ein Schlachtfest in Stapelburg. Alle Bilder für den Trickfilm zeichnete er selbst und untermalte diesen auch mit einer Tonsequenz. Für beide Filme bekam er Auszeichnungen. Nach der Wende 1989 sammelte Engelhardt eifrig weiter Diaprojektoren und Kameras, besuchte das Kameramuseum in Dresden und hatte zu diesem Zeitpunkt schon mehr Geräte zu Hause als dort ausgestellt standen. Er beschäftigte sich auch viel mit Dias und kaufte alles, was angeboten wurde.
Anja Engelhardt-Schäfer und ihr Ehemann Micha – unser Bild – brachten im Januar 2020 die über zwei Tonnen teils sehr seltener Photographica selbst mit einem bis unters Dach beladenen Hochdach-Sprinter von Stapelburg in Sachsen-Anhalt über eine Strecke von 367 Kilometer nach Plech ins Deutschen Kameramuseum. Foto: Kurt Tauber
Bernd Alfred Engelhardt sammelte alles, was die DDR-Fotoindustrie alles hervorgebracht hat.
Im neugebauten Haus bekamen Mitte der 1990er Jahre die Projektoren und Zubehörteile gesonderte Räume und Engelhardt richtete sich auch hier eine Profiwerkstatt ein. Er kaufte viel im Internet und auf Flohmärkten und stand auch selbst mit der ganzen Familie mit seinen überzähligen Geräten als Verkäufer auf diesen Märkten. Das Fotografieren und Filmen rückte immer mehr in den Hintergrund. Das Sammeln war seine ganze Leidenschaft: Es war ein gar nicht so kleines Museum entstanden.
500 Kameras, 300 Diaprojektoren, 100 Filmprojektoren und vieles mehr
Im Juli 2015 starb Bernd Engelhardt plötzlich und hinterließ seiner Ehefrau und seinen Kindern etwa 500 Kameras, 300 Diaprojektoren, 100 Filmvorführgeräte, Klein- und Großkinogeräte, Plattenkameras, einen Raum voller Ersatzteile sowie kaum zählbare Dias. 2017 bis 2019 bemühte man sich, die gesamte Sammlung an bekannte Händler, an Museen in Dresden und Berlin abzugeben. Sogar eine Bewerbung beim Fernsehen für den „Trödeltrupp“ wurde abgegeben. Alle Bemühungen waren erfolglos. So wurden nach und nach die wertvollsten und wichtigsten Stücke verkauft, die Sammlung als Gesamtwerk war damit allerdings zerstört.
“Erbe von Bernd Engelhardt hier gut aufgehoben”
Die Hälfte der angelieferten Projektoren wurde gleich im Eingangsbereich des Museum abgeladen – Bild – und umgehend in den Depots verstaut, die andere Hälfte der Projektoren sowie Hunderte von Foto- und Filmkameras…
...fand in der 300 Meter entfernten Garage von Museumsleiter Tauber – Foto – eine vorläufige Bleibe bis die Neuzugänge nach und nach ins Museum geschafft, sortiert und katalogisiert werden konnten. Fotos: Kurt Tauber
Arbeit für mehrere Jahre
Bis diese Pretiosen – wenigstens die wichtigsten davon – im realen Museum präsentiert werden konnten, hat es noch gedauert. Alleine die Katalogisierung und das Fotografieren der Projektoren war eine Arbeit von insgesamt über einem Jahr, wobei Wolfgang Schanderl aus Nürnberg, einer der engagierten Aktiven im Förderverein Deutsches Kameramuseum, Sonntag um Sonntag und viele Wochen Urlaub im Museum zubrachte, um mit Freunden und Kollegen den Gesamtbestand der Dia- und Filmprojektoren aus drei Depots im Museum zu sichten, zu sortieren und „erkennungsdienstlich zu behandeln“.
Heraus kam die erste verlässliche Übersicht über die Bestände auf diesem Sammelgebiet: eine Fleißarbeit mit fein säuberlich aufgelisteten, sorgfältig beschriebenen und fotografierten Exponaten – über 800 (!) verschiedene Diaprojektoren und Laternae Magicae. Längst steuern wir auf die 1.000er-Marke zu… Die Filmkameras- und Teile der Zugänge an Fotokameras mussten noch warten. Sie werden im Zuge der Erstellung der Datenbank für die neue Homepage nach und nach eingepflegt.
Ein seltener Diaprojektor der Dresdner Firma Mikrolux im noch selteneren Rot.
Der Diaprojektor von Zeiss ist bekannt, aber der Stereovorsatz rar.
Auch das ein eher außergewöhnliches Erzeugnis von Mikrolux. Fotos: Tauber