Jos-Pe Dreifarbenkamera 9 x 12 cm

jos pe dreifarbenkamera
Bild: Kurt Tauber

Die hier präsentierte Jos-Pe Dreifarbenkamera, frühes Modell, dürfte nach allem, was im Internet über diese absolute Rarität in Erfahrung gebracht werden kann, eine sehr seltene und damit auch wertvolle Variation dieses Typs sein. Von dieser Tri-Color-Kamera für die Plattenformate 4,5 x 6 cm und 9 x 12 cm sollen laut Fachbuchautor James Cornwall von 1924 bis 1934 oder 1936 insgesamt nicht mehr als 1.500 Apparate hergestellt worden sein. Das Museumsexemplar mit den stolzen Abmessungen 39 x 19 x 25 cm (Breite x Höhe x Tiefe) trägt übrigens die frühe Seriennummer 126. Das Gehäuse besteht aus Gusseisen und ist über 9 Kilogramm schwer. Entsprechend groß und stabil ist das Stativgewinde ausgeführt und im Boden verankert.

Technik

Mit solchen Spezialkameras wurden gleichzeitig die drei für Farbbilder benötigten Aufnahmen gemacht. Dazu befand sich hinter dem Objektiv ein optisches Strahlenteilerelement, welches das Bild auf die drei mit Filtern verbundenen schwarz-weißen Fotoplatten ablenkte.

Es gibt drei entsprechende Positionen für die Befestigung der Rückteile: hinten und schräg an jeder der beiden Seiten. Diese Anschlüsse sind hier mit „I“, „II“ und „III“ römisch durchnummeriert, die Plattenrückteile entsprechend mit R, G und B (Rot, Grün und Blau) gekennzeichnet. Vor den drei Platten wurde ein entsprechender Farbfilter (in der gleichen Größe wie die Platte) platziert. Alle drei Platten wurden gleichzeitig beispielsweise durch ein Prisma oder – wie hier – einen Strahlenteiler direkt hinter dem Aufnahmeobjektiv belichtet, so dass bei bewegten Szenen (Personen oder Fahrzeuge) keine Differenzen in den Positionen auftreten konnten. Ein weiterer Vorteil: Zum Scharfstellen musste nur eine Kassette gegen eine Mattscheibe ausgetauscht werden. Diese raffinierte Konstruktion war übrigens patentrechtlich geschützt.

Das Standardobjektiv für die 4,5 x 6 cm-Kamera ist normalerweise ein 1:2,5/10,5 cm Steinheil Anastigmat Quinar mit Verschlusszeiten von 1 bis 1/100 Sekunde, plus B und T. Für das größere Format wurde zum Beispiel ein 1:3,0/18 cm Steinheil mit dem Namen „Jos-Pe Cassar“ verwendet. Bildwinkel: etwa 45 Grad.

Das Objektiv des Museumsexemplars trägt keinerlei Herkunftsbezeichnung oder technische Angaben außer der Entfernungseinstellung 4 Meter bis unendlich auf einem Messingring. Die automatisch eingestellten Blendenwerte sind offenbar an die Änderung der Schärfeebene gekoppelt und variieren mit der Entfernungseinstellung von 1:2,5 (bei 4 Metern) bis 1:4,5 (bei unendlich). Fokussiert wird mittels des massiven Hebels (im Bild oben rechts).

Der Verschluss (Moment = „M“) reicht von 1 bis 1/50 Sekunde und ist für manuelle Langzeitbelichtungen auf „B“ oder „Z“ (entspricht T bei anderen Verschlüssen) einstellbar (im Bild der Hebel rechts unten). Aufgezogen wird der Verschluss mit dem Rändelrad links unten an der Frontplatte. Beim Museumsexemplar laufen die Zeiten noch hörbar geschmeidig ab. Eingestellt werden die „M“-Zeiten mit dem Hebel links oben. Ausgelöst wird mit einem Drahtauslöser (rechts vom Objektiv).

Geschichte

Die Jos-Pe Farben-Photo GmbH war ein Kamerahersteller in Hamburg und später in München. Das Unternehmen wurde nach den Anfangsbuchstaben der Vornamen von Joseph Peter Welker, dem Haupteigentümer des Unternehmens, benannt. Es ist nur für dieses eine Kameramodell bekannt, eine Plattenkamera mit Metallgehäuse für die „One-Shot“-Farbseparationsfotografie.

Die Kamera wurde laut McKeown in zwei Größen hergestellt, wobei das kleinere Modell mit dem Format 4,5 x 6 cm weiter verbreitet zu sein scheint. Die Version für 4 x 5 Zoll-Platten (etwa 9 x 12 cm) wie beim Museumsmodell wurde in der Literatur bisher kaum erwähnt und taucht noch seltener in Auktionen auf.

Zur Jos-Pe-Kamera gehörte ein Verfahren zur Anfertigung von Farbbildern, das 1923 bis 1943 von dem gleichnamigen Unternehmen in Hamburg, später auch in München, für Berufs- und Amateurphotographen angeboten wurde. Die Bombardierung Hamburgs im zweiten Weltkrieg führte zum Ende des Labors.

Dieses sogenannte Absaug- oder Jos-Pe-Verfahren wurde 1923 von Gustav Koppmann patentiert und in Hamburg und München eingesetzt. Dabei handelt es sich um ein frühes Farbverfahren für Farbphotographien auf Gelatine-Papier.

Solche spezielle Dreifarbenkameras, die vor allem in amerikanischen Studios benutzt wurden, wurden mit der Einführung der Mehrschichten-Farbfilme abgelöst. Diese standen 1936 mit Kodachrome und Agfacolor zunächst nur als Kleinbildfilme zur Verfügung. Erst die 1938 bis 1951 von Kodak gelieferten Kodachrome Professional Planfilme waren für großformatige Aufnahmen bestimmt. Sie wurden schließlich ab 1946 durch die von Kodak herausgebrachte zweite Farbdiafilm-Generation ersetzt.

Herkunft

Dieses Exponat ist das Highlight aus der Zustiftung von Tabea Sienkiewicz, die im Herbst 2022 die wertvolle Sammlung ihres Vaters Thorald Schulze-Kaschel dem Deutschen Kameramuseum anvertraute.

Objektdaten

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ID Sammlung Kurt Tauber
100337
Fotoapparate analog Kategorie/Typ
Plattenkamera, Fachkamera
Originalität
Originalexemplar
Fotografischer Film / Konfektion (Foto)
Platte / Planfilm
Negativformat fotografischer Film
9 x 12 cm
Filmtransport
manuell
Entfernungsmesser
Nein
Belichtungssteuerung
manuell
Objektiv-Anschluss
Objektiv fest eingebaut
Lichtstärke (bei Festbrennweite)
1:2,5
Kleinste Blende
4,5
Fokussierung
manuell
Bildstabilisator Kamera
Nein
Verschluss manuelle Belichtung
T + B
Verschluss längste Zeit
1 s
Verschluss kürzeste Zeit
1/50 s
Blitz
kein Blitzanschluss
Datenrückwand
Nein
Produktionszeitraum ab
1924
Produktionszeitraum bis
1934
Produktionsstückzahl
1.500
Gehäusematerial
Metall (Alu, Messing, Guss usw.)
Gewicht (g)
9.000
Museumsobjekt Seriennummer
126
Museumsobjekt Zugangsdatum Jahr
2022
Nachlass (Herkunft)
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