In unserer modernen Welt der digitalen Kameras und des Hochgeschwindigkeit-Internets mit WLAN auf jedem Dorf und selbst im Hochgebirge kann jedermann in Sekundenschnelle die gerade mit dem Smartphone aufgenommenen Bilder mit Empfängern in der ganzen Welt teilen. Schon Kleinkinder schauen sich das bei ihren Eltern oder Geschwistern ab. Eine Errungenschaft der Technik, von der selbst ausgefuchste Profifotografen der 1970er Jahre nicht mal träumen konnten. In den 1970er, 1980er und noch in den 1990er Jahren war das eine umständliche und schweißtreibende Arbeit, Fotos über weite Strecken zu übertragen. Beispielsweise von sonntäglichen Sportfotos der Bundesligaspiele für die Montagausgabe der Tageszeitungen.
Unser Exemplar hatte seinen ersten Einsatz bereits im Vietnamkrieg
Die Spende des Bayreuther Hobby-Sportjournalisten Klaus-Peter Volke (Jahrgang 1943), die das Deutsche Kameramuseum in Plech im Juli 2023 erhielt, lässt die Mühen erahnen, die ein Sportfotograf oder Fotoreporter damals auf sich nahm. Ein Aufwand, den man sich heute gar nicht mehr vorstellen kann.
Das hier vorgestellte Gerät ist ein von der berühmten amerikanischen Presseagentur UPI in Auftrag gegebenes analoges Bildübertragungsgerät namens „United Press International Model 16-S D, gebaut von „Longfax, Maywood, N. J., U.S.A.“, wie ein Firmenschildchen auf der Rückseite ausweist. Dieser Typ war bereits Anfang der 1970er Jahre bei UPI im Vietnamkrieg im Einsatz, als man aktuelle Pressefotos von der Front in die Staaten übermittelte.
Später übernahm es die Deutsche Presseagentur (dpa) und verwendete es als Ersatzgerät, bevor es der Bayreuther Hobby-Fotograf Klaus-Peter Volke 1985 von der dpa abkaufte, als die modernere Apparate anschafften. Bis 1997 leistete dieses Bildübertragungsgerät dann für den Bayreuther Bildjournalisten treue Dienste – „ohne jegliche Störung oder Reparatur“, wie Volke anmerkt.
So eine Übertragung dauerte übrigens siebeneinhalb Minuten für ein SW-Foto; Farbfotos konnten mit diesem Gerätetyp noch nicht übertragen werden. Spätere Geräte für Farbfotos brauchten etwa eine halbe Stunde, um ein Bild zu übermitteln. Bei nicht so leistungsfähigen internationalen Telefonverbindungen konnte das auch schon mal eine Stunde und mehr dauern.
Einen akustischen Eindruck der Bildübertragung via Telefon bekommt man in diesem YouTube-Video
"Rasender Reporter" für BILD, WELT, Kicker und viele andere
Klaus-Peter Volke, der die Sportfotografie eigentlich als Hobby betrieb, aber sicher mit seiner zuverlässigen Art auch gute Honorare erzielte, betrieb zeitweise eigene Fotolabore in Bindlach (unweit seines Wohnorts Bayreuth), im Nürnberger Fußballstadion selbst und während dessen Umbaus in Nürnberg-Großgründlach. In seinem lesenswerten Buch „analog Power“ (erschienen im Selbstverlag – mehr Infos hier) schildert er, wie bei ihm als sprichwörtlich „Rasender Reporter“ die stressige und minutiös durchorganisierte Laborarbeit ablief, die dem Versenden der Fotos ja noch vorausging.
Beliefert wurden von Volke unter anderem folgende Zeitungen und Zeitschriften, oft schon eine halbe Stunde nach dem Abpfiff im Stadion: BILD am SONNTAG, BILD, WELT am SONNTAG, Abendzeitung, Kicker, Sportkurier Augsburg, Fußballwoche Köln oder die Frankenpost in Hof.
Die Aufnahmen entstanden – meist auf konkrete Bestellung – bei den Fußballspielen der SpVgg Bayreuth (zeitweise 2. Bundesliga), bei Auswärtsspielen von 1860 München in Nordbayern, beim 1. FC Nürnberg natürlich, aber ebenso beim Basketball der Bayreuther Mannschaft, beim Eishockey und auch bei den alljährlichen Bayreuther Festspielen.
Wenn die Filme während der Autofahrt entwickelt werden...
Normalerweise war früher das Entwickeln und Vergrößern von analogen Filmen in der Dunkelkammer ein entspanntes Vergnügen – von der freudigen Erwartung des fertigen Fotos einmal abgesehen. Es sei denn, man war kein Fotoamateur sondern Pressefotograf.
Denn dann kam es auf jede Minute an. Oft genug entschieden wenige Sekunden, ob das Bild noch in die nächste Zeitungsausgabe kam oder nicht. Etwa wenn man – wie in den 1970er oder 1980er Jahren – die fertigen Bilder noch per Bahnexpress in die Druckerei schicken musste.
Die Züge waren damals noch pünktlicher und oft genug sahen die Journalisten nur noch die Schlusslichter des letzten Waggons…
Zeitfaktor Laborarbeit
Prinzipiell änderte daran auch solch ein modernes Bildübertragungsgerät nichts, wie es auf dieser Seite beschrieben wird. Nicht nur, dass die Geräte sehr teuer waren. Das Problem der Übermittlung war ja nur eines im gesamten „Workflow“. Da war ja auch noch die Laborarbeit.
Und die zog sich normalerweise schon etwas hin. In Lokalredaktionen rechnete man mit 60 Minuten vom Einspulen des Films in die Entwicklerdose bis zum trockenen SW-Abzug.
Der Bayreuther Sportfotograf Klaus-Peter Volke hatte diese Zeit nur selten. Meist musste es rasanter gehen. 15 Minuten nach dem Anpfiff eines sonntäglichen Fußballspiels mussten zwei 36er-Filme belichtet sein, wobei schon mindestens fünf verwertbare Aufnahmen dabei sein sollten. Dann hastete Volke zum Auto und raste ins Labor, wobei er bereits unterwegs die Filme entwickelte, bei einem kurzen Halt am Straßenrand schnell in die Dose mit dem Stoppbad und gleich in den Fixierer bugsierte. Manchmal musste dafür eine längere Rotphase an der Ampel oder eine vorgetäuschte Panne im Halteverbot reichen. Die Chemikalien führte er in solchen eiligen Fällen immer wohltemperiert in Thermoskannen mit sich. Alles lief minutiös geplant ab.
So wurden die Filme im Labor oft nur noch gewässert und getrocknet und schon konnten die Abzüge entstehen – alles „quick and dirty“, wie man neudeutsch sagt. Viele Reporter vergrößerten aus Zeitgründen schon die nur notdürftig fixierten und noch halbnassen Negative und kümmerten sich erst dann um die notwendigen Schritte für die Archivfestigkeit. Die Abzüge trockneten auf dem Weg in die Redaktion. Zur Not durften sie nach dem Rastern in der Repro auch zu vergilben beginnen.
In seinem Buch „analog power – vom Wahnsinn aktueller Sportfotos aus Franken im analogen Zeitalter“ (Eigenverlag, 2017) schildert Volke viele solcher Blitz-Einsätze minutiös und auch für die junge Generation äußerst spannend. Viele ältere Lokaljournalisten dieser Zeit werden ihren eigenen Arbeitsalltag mit Schrecken wiedererkennen und sich fragen, wie man das alles geschafft hat. Junge Fotointeressierte bekommen ein buntes Porträt eines fotografischen Berufszweiges, der sie in eine ganz andere, unbekannte Fotowelt entführt vom „Wahnsinn aktueller Sportfotos“.
kt.
Das könnte Sie auch interessieren: