Universa Interflex TL

Die Universa Interflex TL und ihre 25 Stief-Brüder und -Schwestern:

Verflechtungen und Verästelungen der japanischen Kameraindustrie

porst reflex ttl
Porst Reflex TTL.
revueflex t m 42
Revueflex T.
Sigma Mark-I
Sigma Mark I. Fotos: Kurt Tauber

Wie heutzutage in der Autoindustrie nicht unüblich und bei Fernsehgeräten, Waschmaschinen und vielen anderen Haushaltsgeräten längst als normal akzeptiert, ist oft etwas anderes drin als draufsteht. Markennamen sind wie Schall und Rauch, bei den Preisen gibt es aber zwischen No-Name-Produkten und „Markenware“ teils enorme Unterschiede, obwohl beides oft vom gleichen Fließband stammt. Bei der Kameraindustrie war und ist es nicht anders. Da muss man gar nicht erst an Foto Quelle oder Porst erinnern, die selbst ja nie produziert haben. Oft bleibt die Herkunft der Hausmarken im Verborgenen, doch es gibt schöne Beispiele, wo die Provenienz gut erforscht ist. Beispiel: Cosina-Ricoh-Carena-Chinon aus Japan in den 1960er und 1970er Jahren.

Der Fotograf und Künstler Lutz Aden aus Holtrop/Großefehn hat – ausgehend von der Spiegelreflexkamera Universa Interflex TL (Bild oben) auf der Homepage des Deutschen Kameramuseums – einmal zusammengestellt, welche Verästelungen so bekannt sind. Er kam so auf gut 25 Modelle verschiedener Hersteller und Handelsmarken, die sich teils gleichen wie ein Ei dem anderen.

Drei Grundkameras von drei Herstellern

Nach seinen Erkenntnissen gab es drei Grundkameras von drei Herstellern: Dies waren die Chinonflex TTL (1966 auf das erste Mal auf einer Kameramesse oder Weltausstellung vorgestellt, andere sagen es wäre die Chinon Prinzflex TTL, wobei zu fragen ist, warum ein Hausmarken-Modell vor dem Original vorgestellt worden sein soll). Dann kam 1967 die Ricoh Singlex TTL und 1968 die Cosina Hi-Lite. Alle anderen Modelle sind entweder Nachfolgemodelle, Exportmodelle, oder wie im Fall der Sigma Mark 1, Nachbauten nach käuflich beim Originalhersteller erworbenen Originalbauplänen, was im Falle der Sigma Mark 1 die Firma Ricoh gewesen ist. Die Universa Interflex TL ist ja im Grunde ein modifiziertes Exportmodell einer Cosina Hi-Lite, soweit seine Rechercheergebnisse.

Wie passt die Konica Auto-Reflex dazu?

Was Aden bei seinen Recherchen etwas irritiert hat, ist die Konica Auto-Reflex und ihre Varianten. Ja, sie ist zwar umstellbar von Vollformat auf Halbformat und zurück während des Fotografierens. Gewiss, sie hat einen eigenen Objektivanschluss von Konica, aber ansonsten ist sie optisch sehr ähnlich zu den anderen von Aden aufgelisteten rund 25 Modellen, die da wären (unterstrichene Modelle sind schon auf der neuen Homepage veröffentlicht):

  • Argus STL 1000 (aber nicht die Cosina/Argus STL 1000)
  • Carena 1000
  • Cavalier Five Thousand RTL
  • Chinonflex TTL
  • Chinon Prinzflex TTL
  • Chinon Riaflex TTL
  • Cosina Hi-Lite
  • Cosina SLR
  • Focal 1000 TLX
  • Ifbaflex T 1000
  • Ifbaflex TTL
  • Kingflex TTL
  • Phokina Interflex TLS
  • Porst Reflex TTL
  • Porst Uniflex TTL
  • Prinzflex Super TTL
  • Proloisirs Hi-Lite
  • Reporter Hi-Lite
  • Revueflex 1000s TTL
  • Revueflex T
  • Revue Superflex TTL
  • Ricoh Singlex TLS
  • Ringfoto Reflex TTL
  • Ringfoto SRC
  • Sears T-L-S
  • Sigma Mark 1
  • Universa Interflex TL

Was Lutz Aden dabei stutzig gemacht hat, ist die Tatsache, dass die Konica Auto-Reflex 1965 auf den Markt kam und sich somit die Frage aufdrängt, ob die anderen drei Herstellerfirmen da nicht sich zumindest das Einstellrad für Verschlusszeiten sowie ASA/ISO an der Front abgeschaut haben und dass da der eigentliche Ideenursprung lag.

M-42-Schraubgewinde statt Konica-Bajonett

Die möglichen „Nachahmer- und Schwester-Kameras“ sind nicht ganz so umfangreich ausgestattet wie die Konica. Sie haben statt des Abblendknopfs an der Front einen An- und Ausschalter neben dem Objektivanschluss; statt des Konica-Bajonetts nur ein M-42 Schraubgewinde und statt der Umstellmöglichkeit für Halb- und Vollformat nur das übliche Kleinbildformat 24 x 36 mm.

Aber irgendwie sind das alles nur Vermutungen, Interpretationen und wenig gesichertes Wissen darüber, was damals in Japan so alles im Hintergrund gelaufen ist.

Wer hat vom wem abgeschaut, wer hat für wen produziert?

Dass die Ricoh und die Cosina sowie die Chinon selbst von den Gehäusemaßen nicht gänzlich passen ist schon bekannt und dass das Innere der Ricoh und ihrer Ableger nicht mit dem Inneren der Cosina und Chinon und ihrer Ableger übereinstimmt, ist auch klar. Aber dass da voneinander abgeschaut wurde, ist offensichtlich. Dass die Universa Interflex TL allerdings eine modifizierte Cosina Hi-Lite ist, ist in verschiedenen Veröffentlichungen nachles- und durchaus nachvollziehbar. Man sieht es auch allein schon am Öffnungshebel für die Rückwand am Boden der Kamera.

Wenn vielleicht auch einige Namen nicht gesichert in diese Liste passen, ist es aber doch mal interessant, diesen Verästelungen, Verwandtschaften und gegenseitigen Inspirationen nachzugehen. Wenn sich die obige Liste mit Veröffentlichungen der vorhandenen Museumsmodelle füllt, wird das auch praktisch sichtbar sein.

Die “Stief-Schwestern und -Brüder” der Universa Uniflex TL unterscheiden sich äußerlich schon etwas, zum Beispiel durch den serienmäßigen Zubehörschuh auf dem Prisma. Die Revueflex hat auch – wie bei Foto Quelle bei Revue-Versionen üblich – eine eigens anders gestaltete Oberkappe.

21.07.2024/kt.