Ulrich Barthel, Toronto, Kanada

stegemann (1)
Bild: Kurt Tauber

Ein herausragendes Beispiel unter vielen herausragenden Exponaten aus der Sammlung Ulrich Barthel, die dem Deutschen Kameramuseum in Plech ohne jegliche Auflagen überlassen wurden: eine wirklich rare Stegemann Studien-Camera C, eine besondere Einschienen-Plattenkamera („Monorail“) aus Berlin.

Der Kanadier aus Coburg und seine Rollei- und Contaflex-Pretiosen

rollei 16s

Die Rollei 16 S mit Tessar 1:2,8/25 kostete stolze 498 DM. Auch das ein Stück aus der Sammlung Ulrich Barthel.

Im Grunde genommen wird man der Größe und Bedeutung der Sammlung von Ulrich Barthel nicht gerecht, wenn man sie auf die (riesige) Rollei-Sammlung und die beachtliche Zahl von Zeiss-Contaflex-Versionen reduziert. Zwar sind das die besonders umfangreichen Schwerpunkte der Geräte, aber die Nicht-Rolleis und die Nicht-Contaflexen wären schon alleine ein Grund zum Frohlocken gewesen. 

Aber der Reihe nach: Der Spender all dieser Kameras und vieler weiterer schöner Stücke, Ulrich Barthel, ist ein jung und aktiv gebliebener Pensionär aus Coburg, Jahrgang 1936, der sich 2011 nach und nach von seiner umfangreichen Photographica-Sammlung trennte, um sich nur noch seiner zweiten Leidenschaft zu widmen: dem Reisen, am liebsten mit dem Motorrad. Und dazu trennte er sich von vielen einst lieb gewordenen Sammlungsstücken.

Barthels Berufsweg begann mit einer Lehre als Werkzeugmacher in Münster (erste Kamera: Finetta 99, die zweite war eine Rolleimagic II). Er sattelte dann von Werkzeugmacher auf Feinmechaniker und Kamerareparaturmechaniker um, arbeitete in Stuttgart, Hamburg und London (dort drei Jahre bei Nikon) und landete schließlich in Toronto (Kanada), wo er rund zehn Jahre Service-Manager für Rollei war. Danach arbeitete er weitere zehn Jahre selbstständig mit sieben Angestellten im Bereich Kamerareparatur und wurde dann Technischer Einkaufsleiter eines großen Handelsbetriebs – bis er sich im Alter von 68 Jahren aus dem aktiven Berufsleben zurückzog, „um nur noch zu reisen…“. Am liebsten mit dem Motorrad, zum Beispiel durch China, Indien oder Japan oder einmal rund ums Mittelmeer.

Alles „zur freien Verfügung“

Aus familiären Gründen kehrten Ulrich Barthel und seine Gattin Sigrid vorübergehend nach Coburg rück, wo sie noch eine Wohnung unterhielten und große Teile der Photographica-Sammlung eingelagert hatten. Aufgrund der Presseberichte zur Eröffnung des Deutschen Kameramuseums in Plech wurde Ulrich Barthel auf das Plecher Museum aufmerksam und brachte einen Großteil seiner in vielen Jahren in Kanada und Nordamerika erworbenen Sammlung vor Weihnachten 2011 als Spende vorbei – „zur freien Verfügung“ zum Nutzen und Frommen des Projekts. 

Nach einigen Telefonaten und einem lebhaften E-Mail-Verkehr fuhr eines Tages ein bis unter das Dach beladener Van vor dem Plecher Museum vor und Ulrich Barthel und Museumsleiter Tauber luden einen Karton nach dem anderen aus und verteilten die Exponate in der Aula der Grundschule bis kaum mehr ein Durchkommen war. Tauber ließ es sich nicht nehmen, gleich in jede Kisten hineinzuschauen und war ein ums andere Mal hellauf begeistert, was zum Vorschein kam. 

„Weil Weihnachten ist!“

Auf die verdutzte Frage Taubers, warum Barthel denn so wertvolle Stücke ohne Wenn und Aber herschenke und nicht etwa verkaufe lächelte der Coburger Weihnachtsmann nur: „Weil Weihnachten ist!“ Er wolle das junge Plecher Museum unterstützen. Die Unterstützung blieb kein Einzelfall: Noch zweimal fuhren die Plecher Museumsmacher nach Coburg und wurden reich beschenkt: unter anderem mit Schwerlastregalen, die heute den Großteil der Lagermöglichkeiten in den Museumsdepots darstellen und mit weiteren Exponaten. Danach zog es die Barthels wieder in ihre Wahlheimat Kanada zurück, wo auch nahe Verwandte des Ehepaars leben.

Seither stehen Barthel und Tauber in losem E-Mail-Kontakt, Barthel besuchte das Museum in der Zwischenzeit auch einmal – natürlich mit dem Motorrad, einer schweren BMW – und konnte sich davon überzeugen, dass seine Rolleis und Contaflexen in Ehren gehalten werden.

Und alle anderen Schmuckstücke natürlich auch.

2024 legte Ulrich Barthel, inzwischen 88 Jahre jung und immer noch als ehrenamtlicher Fahrer für Krebspatienten in seiner Wahlheimat Toronto in Kanada aktiv, noch einmal nach: Über abenteuerliche Wege – ein Teil der Kamera kam über einen Verwandten aus Berlin nach Plech, andere Teile per Luftpost direkt aus Kanada – landete ein besonderes Schmankerl im Deutschen Kameramuseum: eine Stegemann Studien-Camera C im Format 9 x 12 cm.