Nach dem “Alu-Ur-Modell” der Bolsey 8 aus dem Nachlass des Erfinders und Konstrukteurs Peter Sarabèr aus Goslar, besser bekannt als Chef der Finetta Kamerawerke Goslar, erhielt das Deutsche Kameramuseum in Plech im Herbst 2024 auch noch eine “echte”, voll funktionsfähige Bolsey 8, dazu noch aus deutscher Produktion in Goslar mit der Gravur “Made in Germany”. Dieses Wunderwerk der Feinmechanik ist noch um einiges kleiner als die spätere Tellag TELL CIN S 8 von Tellag, die kleinste Super-8-Filmkamera der Welt, ebenfalls einer Konstruktion von Sarabèr. Die Bolsey 8 ist etwa 8 x 3 x 6,5 cm – über alles – groß, wobei auch hier – wie bei allen solchen Maßangaben im Internet – die veröffentlichten Werte schwanken. Winzig ist der Silberling aus jeden Fall.
Während den Alu-Dummy ein Pseudo-Objektiv mit den Daten “Finon Saraber 1:3,5/7” ziert, wurde später, als die Bolsey 8 im Jahre 1955 tatsächlich für kurze Zeit in Goslar als “Bolsey 8 Finetta” hergestellt wurde, die Optik “Sarabèr-Goslar Finon 1:2,8/7,5 mm” verbaut.
“Made in Germany”
Nach 1956, als Finetta in Konkurs gegangen war, kaufte Bolsey (USA) die Werkzeuge und noch vorhandenen Bauteile und fungierte fortan selbst als Hersteller. Sarabèr war es nicht gelungen, eine deutsche Fotofirma als neuen Produzenten für diese Kamera-Sensation zu gewinnen. Von der US-Bolsey 8 gibt es viele Variationen, zum Beispiel als Bolsey Uniset oder auch als “Bolsey 8 Lady” (heute sehr selten) für das Vereinigte Königreich und manche unterschiedlichen Schreibweisen des Kameranamens.
Die Apparate verwendeten spezielle 7,5-Meter-Kassetten aus Kunststoff mit 8-mm-Normalfilm von Gevaert in Belgien. Der Federwerksmotor lief etwa 2 Minuten bis der Film voll belichtet war. Zur Zeit der USA-Produktion der Kamera gab es auch diesen halbieren Doppel-8-Film für diese Spezialkassetten vom “Gelben Riesen” Kodak.
In Goslar wurden von 1955 bis zum Konkurs 1956 nur etwa 600 bis maximal 800 dieser Filmkameras gefertigt, die seit Produktionsbeginn Bolsey 8 hieß und anfangs den Vermerk “Made by Finetta Germany”, später die Gravur “Made in Germany” trug wie beim Museumsexemplar mit der Seriennummer 800080 (rückseitig unterhalb des Sucherokulars).
Filmkamera und gleichzeitig Fotoapparat
Eine der Besonderheiten dieses schweren (380 Gramm) Winzlings: Der Auslöser (unten rechts im Bild) hatte eine besondere Stellung für Einzelbilder. Die Belichtungszeit konnte dann von 1/40 bis 1/500 Sekunde verstellt werden. Auch die Blende konnte beim Filmen wie beim Fotografieren zwischen 2,8 und 11 variieren. Damit hat Sarabèr schon 1955 das spätere “hochmoderne” Prinzip der Agfa Family aus den 1980er Jahren vorweggenommen.
Die Bolsey 8 trug stolz den Titel “Kleinste Filmkamera der Welt”
Es gibt zwei Filmkameras aus der Ideenschmiede in Goslar, die sich scheinbar den Titel “kleinste Filmkamera der Welt” gegenseitig streitig machen: die hier beschriebene Bolsey 8 und die TELL CIN S 8. Dabei ist es ganz einfach: Die Bolsey 8 benutzt den bereits vor dem Konfektionieren längs aufgeschnittenen Doppel-8-Film (also das 8-mm-Format, wie es normalerweise später so in die Projektoren kommt) während die TELL CIN S 8 den Super-8-Film verwendet, allerdings nicht in der normalen Kassette wie übliche Super-8-Filmkameras, sondern ebenfalls in einer Spezialkassette.
Damit ist jede Goslar-Konstruktion auf ihrem Gebiet bis heute “die kleinste Filmkamera der Welt”, die Bolsey 8 ist und bleibt aber die “allerkleinste aller Klassen”.
Siehe auch:
- Gehäuse-Prototyp der Bolsa 8/Bolsey 8
- Tellag TELL CIN S 8
- Mehr interessante Exponate aus dem Sarabèr-Nachlass hier